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FEBRUARIUS, MARTIUS 1711.

viel verdruss, sondern auch wegen der offtmahligen reisen nach Jarinskoi 9 rubel 60 copeken ohne andere geschencke, so der woiwode empfangen.

Februarius 1711.

In diesem und folgenden monath passireten die siberische recruten etwa 3000 mann ausmachend, welche wegen übeler disposition ihrer officier allerhand insolences in der stadt verübeten. Aus mangel des proviants thaten sie bey unterschiedlichen einwohnern gewalt, raubeten und plünderten was sie funden. Auch die schwedische gefangene durfften nicht sicher auf der gasse gehen, sondern ihrer etliche überfielen bey hellem tage des capitain Jacob Grubbe seinen knecht und schlugen ihm aus lauter frevel das eine bein in tausend stücken.

Martius 1711.

Den 18 Mart. reisete der schwedische generaladjutant Canifer durch Soliwizegodskai nach Siberien, als wohin er von Ihro Czarische Maj. verwiesen worden, nachdem der polnische envoyé ihn weiss nicht aus was vor uhrsachen so tibel recommandiret. Er confirmirte uns die schlechte zeitung, so die Russen bisshero spargiret, dass nemlich im verwichenen jahre eine heftige pest in Liefland grassiret, und habe unter faveur derselben, nachdem das meiste volck ausgestorben, der Czaar fast ohne einigen schwerdschlag die importante festungen Riga, Pernau, Reval und folgends gantz Liefland unter seine botmässigkeit gebracht. Wiborg in Finnland habe sich zwar besser gewähret, auch einige stürme abgeschlagen, sey aber zuletzt auch mit accord übergangen, nachdem die Russen bereits eine breche von 300 ellen geschossen.

Solches allgemeine unglück ward nicht wenig durch particulier chagrin bey mir vermehret, als die betrübte nachricht durch briefe über Wollogda von Hamburg eingelauffen, dass nicht allein mein vater auf seinen gütern in Deutschland den 30 Maj. 1710 nach der allweisen schickung des gütigen Gottes von dieser welt gefo[r]dert worden, sondern auch mein ältister bruder einige wochen nachher im sturm vor Bethune eine tödliche blessure bekommen, dass er davon gestorben.

Aprilis 1711.

Sonsten hatte bey angehendem jahre Ihre Czaarische Maj. unsern gouverneur fürst Galliczin zum commandanten und gouverneur der stadt Moscau ernennet. Dahero solcher einen andern vice gouverneur, nahmens Alexius Kurbatow, in seine stelle constituirte, welcher ein strenger mann und kein sonderlicher freund der schwedischen gefangenen seyn solte, wie dann der effect die warheit dieses gerüchts anfangs bestätiget. 1

Majus 1711.

1

Was der fürst Galliczin nur simplement verboten, das verbot dieser Kurbatow denen Russen bey straffe des knuts und denen Schweden bey straffe nach Siberien geführet zu werden, sintemahl den 5 Maj. vor uns ein hartes edict in seinem nahmen publiciret wurde, dass wer sich unterstehen würde das geringste bier oder schwachbier mit hopfen zu brauen alsobald sonder eintzige gnade nach Siberien solte relegiret werden.

In Wollogda hatte der gouverneur Galliczin aus sonderbahrer grace eine partei schwedischer officier biss anhero verbleiben lassen, obwol sie aus Moscau ordre hatten nach Wergaturia in Siberien gebracht zu werden. Sobald aber der herr Kurbatow die regierung angetreten, half kein bitten mehr, sondern die alte ordre wurd exsequiret und besagte officier den 26 Apr. mit strusen von Wollogda zu wasser weggeschicket. Wann diese reise im winter geschehen, da der weg gut ist, hätte man wol wenig raison gehabt wieder dieselbe zu protestiren, massen es nicht mehr als billich, dass der czarischen ordre nachgelebet werde. Aber nun da sie so à contretems und im sommer geschehe, zu welcher zeit es wegen der ungeheuren wälder, ströhme, morasten und wüsteneyen fast unmüglich ist nach Wergaturia zu kommen, scheinet es, dass man mehr aus chicane als nothwendigkeit obgedachte ordre so schleunig beobachten wollen. Denn mit wie viel tausend verdriesslichkeiten, chagrin und ungemach diese officier solche reise vollführen müssen, wird folgende kurtze relation sattsam zu erkennen geben. Nachdem sie den 17 Maj. bey uns in Soliwizegodskai angelanget, musten sie einige tage still liegen,

1 Doch haben wirs anno 1712 anders befunden (senare tillägg; anfangs› ofvan insatt i st. f. gnugsam›).

biss die strusen vom Dwinastrom zurückgekommen, welche jährlich mit saltz 65 würst hinter Jarinskoi herunterfahren.

Mit diesen giengen sie den 24 Maj. den Wizugdastrom hinauf, und weil die fahrzeuge ziemlich gross, aber nur mit wenig arbeitern besetzet, gieng es desto langsamer, und passireten sie den 25 Maj. das kloster Nicolo Chrasumskoi

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Den 27 Maj. biss an die gräntze der archangelschen und siberischen gouvern..

Würst

10.

15.

Den 5 Jun. biss Jarinskoi, stadt

70

am Jarisstrom, welcher daselbst in die Wizugda fält; der dasige woiwode permittirte niemand in die stadt zu gehen, sondern liess sie auf dem strohm liegen.

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ein schlechtes dorf, woselbst aber die sirenische sprache anfänget und gar wenige russisch sprechen.

Den 10 und 11 Jun. biss Usuum, dorf.

30,

wo der Wimfluss in die Wizugda fält, und 15 würst von Usuum an diesem Wimfluss sind die obgedachte saltz

quellen.

Den 13 Jun. biss Kokwiz, dorf.

20.

Den 17 und 22 Jun. biss Sissola, dorf .

40,

wo die Jarinskoische woiwodschafft sich endiget. Den 28 Jun. und 1 Jul. biss Ouxisli, dorf daselbst formiret die Wizugda eine kleine insul.

30;

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10.

30.

Den 14 Jul. haben sie anstatt der grossen saltzstrusen kleine böhte bekommen und sind mit selbigen gefahren Den 15 und 16 Jul. biss Kotkoras, dorf . .

Den 17 Jul. passireten sie den Oesimafluss, an welchem ebenfals einige saltzquellen seyn sollen und kamen noch selbigen tages biss Waskna.

Den 18 biss 21 Jul. nach Ulanawamin, closter
Den 22 Jul. biss Colum, ein dorf . .

in welchem der burgermeister wohnet, so über dasigen
district als ein woiwode commandiret.

Den 25 Jul. biss Wolbona, kleines dorf. .

Den 26 Jul. sind sie zur rechten hand 10 würst von dorf Wolbona aus dem Wizugda strom in den Keltma, welcher kleiner ist, gefahren und avanciret

Den 27 biss 30 Jul. avanciret

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Würst

Den 31 Jul. sind sie den grossen morast passiret, worauss die ströme Keltma, Prop, Voitz und Botska ihren uhrsprung haben, war etwa

Den 1 Aug. war der strom überaus klein und nur 1 ell. breit undell. tief, wesfals alles volck aussteigen muste und mit unsäglicher mühe die böthe durch den bach ziehen

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.

Den 2, 3 und 4 Aug. ist der Keltma noch sehr schmal gewesen, und sind in selbigen der Scharna, Kimsiobach zur rechten, der Pinscher aber und Lopia zur lincken eingelauffen.

Den 5 Aug. sind sie zur lincken in den Kamastrom biss ans dorf Bandiaga gekommen, welches dem bericht der bauren nach von dem grossen Morast, wo die böhte gezogen worden.

würst entfernet lieget, und avancirten heute biss Ambor, dorf

25.

3.

200

40.

Den 6 Aug. passirten sie lincker hand den Witsiorastrom, an welchem 65 würst hinauf die stadt Schardin 1 liegen soll, und kamen selbigen tags biss Osborowa, dorf. . 50. Den 7 Aug. biss Solikamskoi.

7.

feine stadt am Kamastrom, welche grosse und reiche 875 saltzquellen hat.

Allhier haben sie den gantzen herbst mussen still liegen, weil der weg von dannen nach Wergaturia bey ofenem wasser wegen der gebürge impassable seyn soll.

Endlich brachen sie den 11 Nov. von Solikamskoi wieder auf und marchirten biss Wergacuzka, dorf am strom gl. nahmens

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Den 15 Nov. passirten sie den Lellastrohm, welcher in den Tubostrom fält und die gräntze von Siberien macht. Daher um wohnet eine heidnische nation, Wogulski genand, haben hauser wie die Lappen. Heute marchirten sie biss Lell

Den 16 biss Craul, dorf

Den 17 Nov. biss Wergaturia, stadt

15.

45.

45.

35.

35.

35.

30.

Bey uns in Soliwizegodskai veränderte der vice gouver- 240

1 Sehardin insatt i st. f. Weliki Perma».

neur Kurbatow auch das commando und schickete einen commissarium, nahmens Feofan Anickewiz Rickow den 6 Jun. herüber, welcher den woiwoden Zimmermanow ablösen solte. Dieser aber als ein alliirter des fürsten Galliczin suchte vielleicht in seiner würde sich zu mainteniren und wolte das ampt nicht gern fahren lassen, was ihm so viel 100 rubel schon eingebracht. Zeit währender solcher balancirung unserer beyden regenten fuhr der vice gouverneur den 15 Jun. auf dem Dwinastrohm hinunter nach Archangel, wolte aber sich keine zeit nehmen in unserer stadt einzusprechen, wesfals die gewöhnlichen geschencke nebst 500 rubeln ihm entgegengeschicket wurde. Wir liessen durch den woiwoden ihm eine supplique überreichen, insonderheit bittend, dass wir honêt hantiret und in unsern quartiren nicht so oft durch veränderung derselben möchte beunruhiget werden. Es fiel aber keine andere resolution, als dass man uns nach der ordre accommodiren solte, welche der capitain mitgebracht, so uns von Moscau hergeführet. Und solcher gestalt blieb es bey den vorigen terminis, weil der woiwode die bürgers nicht beissen wolte, da er merkete, dass es vor ihm zum abschied gienge, sondern er suchete vor seinem ende noch braf zu timpfen.

Der burgermeister dieses jahrs Steffan Litwinow bekam unterschiedliche mahl ordre uns bessere quartiere zu geben. Weil er aber wuste vielleicht, dass dieser befehl dem woiwoden, nicht von hertzen gegangen, so war kein nachdruck dabey, sondern wenn die bürger das hauss nicht wolten aufmachen, WO uns quartire angewiesen worden, so blieb es dabey und wurd nichts weiter drauss.

Julius 1711.

Der commissarius Feofan konte den burgermeister besser im zaum halten, ohngeachtet er noch nicht das völlige commando in der stadt erhalten. Denn weil er nicht so sehr auf geschenck und gaben begierig, so æstimirete er auch der bürger grace nicht viel, dahero der burgermeister Steffan Cusemiz einsmahls gantz unvermuhtet die batogge ausstehen muste, als er seiner gewohnheit nach die empfangenen ordres nicht promt gnug exsequirete. Mit den schwedischen gefangenen wolte er aber sich noch nicht einlassen, so lange der woiwode Ivan Romanowiz zur stelle. Dennoch erwiese er uns alle höfligkeit,

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